Q_P – versteht Heteronormativität als Teil vieldimensionaler Differenzordnungen

Heteronormativität ist und bleibt der Ausgangspunkt meines queer-thoretischen Denkens, und zwar als Teil komplexer Differenzordnungen. Deshalb sollte diese These meiner Ansicht nach die erste These sein. Im Text Quaring next Theaterpädagogik(pdf) möchte ich beispielhaft darauf eingehen, wie künstlerisch queer_pädagogisches Handeln aussehen und dabei die neun Q_P Thesen aufführen und transformieren kann:

Nanna Lüth

Als umfassende und gelebte Herrschaftskritik tritt Q_P nicht nur der Heteronormativität von Geschlecht und Sexualität in Praxen des Lernens und Lehrens, der Erziehung und der Bildung entgegen, sondern zeichnet sich durch intersektionale Kritik an Normalitätsregimen aus. Q_P aktiviert Macht&Begehren als widerständige und transformatorische Kraft, um im Sinne einer für alle in ihrer Gleichheit, Ähnlichkeit und Differenz ausgerichteten Subjektbildung auf Enthierarchisierung und Denormalisierung jeglicher Herrschaftsformen zu setzen.

Antke Antek Engel

Q_P beschränkt sich nicht auf Heteronormativitätskritik, sondern versteht sich als Teil eines intersektionalen Kritikprojekts. Denn es würde dem allgemeinen Bildungsanspruch entgegenstehen, wenn der Abbau einer bestimmten Differenzordnung (z.B. Heteronormativität) auf Kosten der Aufrechterhaltung oder gar Verstärkung einer hierzu in Relation stehenden Differenzordnung (z.B. Rassismus) erfolgte. Das Paradigma der Intersektionalität verweist dabei auf die wechselseitige Abhängigkeit respektive Interdependenz materiell symbolischer Differenzordnungen, die sich weder aufeinander reduzieren noch einfach addieren lassen, sondern erst durch ihr komplexes Wechselspiel miteinander verstanden werden können. Unter interdependenten Differenzordnungen (in Anlehnung an Katharina Walgenbach), wie etwa Ableismus, Heteronormativität, Klassismus und Rassismus, werden die horizontalen Wechselwirkungen von sozialen Differenzkategorien, wie zum Beispiel Geschlecht, Alter, Religion und Herkunft (etc.), mit vertikalen gesellschaftlichen Ungleichheitsordnungen theoretisiert. Diese lassen sich analytisch auf der Makro‑, Meso‑ und Mikroebene in die materielle Struktur‑ sowie symbolische Diskursebene, institutionelle Ordnungen, Subjektivierungsprozesse, Identitätskonstruktion als auch soziale und diskursive Praktiken differenzieren. Konkret spiegeln sie sich z.B. in nationalistischen Rechtsprechungen, geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung, ableistischen Körperidealen sowie hierarchisierenden Deutungs‑ und Handlungsmustern im Umgang mit der Vielfalt an Lebensweisen wider.

Intersektionalität ist für Q_P ein Korrektiv, weil sie die aus queeren Bewegungen hervorgegangene Untersuchungsperspektive, die zumeist um ein bestimmtes Differenzverhältnis (Heteronormativität) bzw. bestimmte Differenzkategorie (Geschlecht und Sexualität) zentriert ist, erweitert. Dies gelingt, indem sie den Blick für die wechselseitige Verschränkung von Macht- und Herrschaftsverhältnissen eröffnet, die Differenz normieren und hierarchisieren. Q_P hat ihre Begriffe, Praxen und Strategien einer intersektionalen Überarbeitung zu unterziehen, damit persönliche und politische Freiheit in den Dimensionen von Geschlecht und Sexualität nicht ex- oder implizit mit einer Verleugnung von damit in Zusammenhang stehender ableistischer, klassistischer und/oder rassistischer Unterdrückung realisiert wird.

Florian Cristóbal Klenk

Diese Dimension ist besonders relevant im Kontext von Globalisierung, Migration und sozialen Klassenverhältnissen. Queer Pedagogy muss sich dazu in Relation setzen, wenn sie vermeiden will, zu einem privilegierten Ansatz zu werden. Intersektionalität halte ich für eine Schlüsselkategorie gegenwärtiger Gesellschaften, die von Hypermodernität und Verarmung geprägt sind.

Astrid Messerschmidt