Q_P – ersetzt kanonisierte Curricula durch situiertes Wissen

Q_P hinterfragt Prozesse der Naturalisierung und Standardisierung von Differenz, weil sie wissenschaftliche Erkenntnisse nicht als neutrale oder objektive Tatsachen begreift, sondern als eine situierte, vor allem partikulare Co-Konstruktion, der ein Standpunkt in der Welt zugrunde liegt. Einer situierten Forschungshaltung zu folgen, meint keineswegs, in pädagogischer Theorie und Praxis der Beliebigkeit das Wort zu überlassen. Vielmehr impliziert es, dass jegliche Form des Erkenntnisgewinns wie auch der Vermittlung historischen, sozialen sowie materiellen Voraussetzungen unterliegt. Diese gilt es zu reflektieren und zu explizieren. Dies gilt auch für die in der Q_P zugrunde gelegten theoretischen Prämissen und Orientierungslinien. Für Forschung im Bereich der Q_P folgt hieraus, dass Forschende als leibgebundene Individuen mit einer Lebensgeschichte und spezifischer disziplinärer Verortung anzuerkennen sind. Diese werden in globaler und lokaler Perspektive durch intersektionale Macht- und Herrschaftsverhältnisse zu unterschiedlichen Graden privilegiert oder diskriminiert. Entsprechend gilt es anzuerkennen, dass sich die eigene kulturelle Verortung auf die (unterlassene) Bearbeitung bestimmter Forschungsfragen auswirken kann und nicht selten von Heteronormativität sowie weiteren Differenzordnungen (Ableismus, Klassismus, Rassismus) geprägt wird. Die Erklärung dafür lautet, dass diese von den Forschenden verkörpert werden. Auf die Vermittlungspraxis übertragen, folgt aus dieser Einsicht, dass Vermittlung stets zwischen situierten Lernenden und situierten Lehrenden unter Bezug auf ebenfalls situierte Wissensbestände stattfindet.

Anstatt in der Situierung der Akteur:innen und des Wissens nun ein Hindernis für ‚gute Lehre‘ oder ‚objektive Forschung‘ zu identifizieren, wodurch letztlich einer technologischen Fantasie Vorschub geleistet wird, die einen unmittelbaren Zugang zu den Objekten und Subjekten dieser Welt verspricht, kann im Bewusstsein, dass Subjekte und Objekte spezifischen Positionierungen unterliegen, eine queer_pädagogische Perspektive auf Didaktik zum Ausdruck kommen. Eben diese Sichtweise versucht, die Komplexität von Vermittlungssituationen und die gesellschaftliche Involviertheit jeglichen (!) Wissens zu berücksichtigen. Mittels der Infragestellung der naturwissenschaftlichen Objektivitätsannahme und Reflexion der Situierung von Lehrenden, Lernenden sowie der zwischen diesen vermittelnden situierten Wissensformen kann der in Bildung und Fachunterricht dominierende Herrschaftsgestus kanonisierten Wissens aufgezeigt und durchbrochen werden. Dadurch können wiederum Anlässe geschaffen werden, der Vielfalt an Lernwegen unter den Subjekten gerechter zu werden.

Florian Cristóbal Klenk

Q_P erfährt disziplinäre Ausdifferenzierung (z.B. queere(nde) Fachdidaktik), während durch Macht&Begehren zugleich inter- und transdisziplinäre Verbindungen gezogen werden. Inter- und transdisziplinär entstehen Verknüpfungen und Reibungsfelder (z.B. zwischen Queer Theorie als Geschlechter- und Sexualitätstheorie oder Queer Theorie als Differenz- und Gerechtigkeitstheorie), die eine kanonisierte Stillstellung verhindern. Situiertes Wissen, wie es durch die These angedeutet ist, dass Q_P KörperSubjektivitäten in Raum und Zeit zum Ausgangspunkt nimmt, erfordern Curricula, die kontext- und lerngruppenspezifisch ausformuliert und veränderlich sind.

Antke Antek Engel

Statt Ersetzen würde ich hier eher von einem Gegenlesen sprechen. Denn das situierte Wissen ist selbst verstrickt in herrschaftsstabilisierendes Wissen und kann dem nicht ganz entgehen. Am Feminismus wird das deutlich, der nicht unberührt ist von alltagsrassistischen Verhältnissen und sich auch kulturrassistisch äußert.

Astrid Messerschmidt