Q_P – schafft Raum für Körper_Subjektivitäten, die nicht in die Norm passen

Q_P will in den Prozessen der Erziehung und Bildung Möglichkeitsräume für andere Lebensweisen, das meint vor allem egalitäre(re) Körper_Subjektivitäten, (er‑)finden. Dadurch können die Grenzen sozialer Lesbarkeit und Lebbarkeit geschlechtlicher und sexueller Differenz erweitert werden. Q_P antizipiert hierzu die Paradoxie der geschlechtlich‑sexuellen Subjektwerdung (Subjektivierung in Anlehnung an Judith Butler). Das heißt, Q_P sucht identitäre Vereindeutigungen in der Bildungsarbeit aufzubrechen, weil diese mit der selbstermächtigenden Unterwerfung unter einen bestimmten Begriff (z.B. schwul) bei gleichzeitiger Verwerfung weiterer sozialer Möglichkeitsräume (z.B. hetero, bi‑ oder asexuell) einhergehen. Um dies zu erreichen, macht Q_P auf den gewaltvollen Charakter kategorialer Adressierungsprozesse sowie den psychischen Verlust an damit verbundenen Identifizierungsmöglichkeiten aufmerksam, die mit den Prozessen der heteronormativen Subjektivation sowie geschlechtlichen und sexuellen Identitätskonstruktion verwoben sind. Dadurch übt Q_P Kritik an den durch die Norm der heterosexuellen Zweitgeschlechtlichkeit hervorgebrachten Formen innerer wie äußerer Vereindeutigung der Welt-, Selbst- und Anderenverhältnisse und versucht diese in Bildungsprozessen zu transformieren.

Florian Cristóbal Klenk

Wenn Q_P nicht als minderheitenpolitische Erweiterung der Norm verstanden werden soll, gilt es den Fokus auf das Raumschaffen sowie die Heterogenität und Undefinierbarkeit der Körper_Subjektivitäten zu legen: Idealerweise gestaltet Q_P Raum so, dass Körper in all ihrer Unterschiedlichkeit und Unvorhersehbarkeit willkommen geheißen werden. Ebenso sollten Subjektivitäten als notwendig verkörperte mit ihren unterschiedlichen Bedürfnissen, Fähigkeiten und Undurchschaubarkeiten Anerkennung finden.

In den Momenten, in denen Körper Ausgangspunkt des queer_pädagogischen Geschehens sind, füllt sich der Raum mit den komplexen Nuancen gleichzeitiger Ähnlichkeiten und Unterschiede. Nicht definierte (potentiell stereotype) Gruppierungen, sondern konkrete Geschichten kommen mit den Körpern ins Geschehen. Die Körper_Subjektivitäten bringen soziale Biographien und persönliche Fertigkeiten des Denkens, Fühlens und sich Bewegens mit, die mehr oder weniger nah an der Norm sind. In Anbetracht dessen versteht Q_P die affektiven Wirkungen der Norm (z.B. Lust und Leid, Scham, Wut oder Freude, Enttäuschung oder Stolz, Hoffnung oder Pessimismus) als Lehrmaterial und Anlässe des Ver_Lernens.

Antke Antek Engel

Wie wird festgelegt, wer oder was nicht in die Norm passt? Auch finde ich den Singular ‚Norm‘ allzu vereindeutigend, so als stünde diese fest, ohne dass ausgesprochen wird, was sie beinhaltet.

Astrid Messerschmidt

Auch hier wäre es mir dann wichtig zu fragen: Was ist ‚die Norm‘ und haben wir es tatsächlich mit der Norm als größtem Beschränker zu tun oder haben sich nicht mittlerweile andere Modi normalisiert, die weitreichender sind als Normen. Das ist für mich tatsächlich eine offene Frage. Von der Suche nach den ‚Politiken für das Leben‘ her gedacht, würde ich hier das Schaffen von Räumen verorten, die den ‚nicht-betrauerbaren Leben‘ einen Ort der Existenz verleihen. Wenn dies als Norm-Zustand zugrunde gelegt wird, dann geht es in der Q_P darum, einen epistemischen Umsturz im Sinne Maria do Mar Castro Varelas zu formulieren. Dieser bezieht sich auf Episteme (Wissensordnungen), die sich auch materialisieren und zu harten ökonomischen Fakten werden können; Episteme die sich in der Manifestation von (National-)Grenzen zeigen, aber auch solche Episteme, die körperliche, sexuelle und geschlechtliche Einhegung(en) vornehmen. Wenn das Schaffen von Raum so betrachtet wird, dann finden Körper_Subjektivitäten hier nicht nur eine Möglichkeit des Seins; in meiner Vorstellung transzendiert diese Art des Raumschaffens bereits das Sein und bietet Raum für eine utopische Neuvorstellung.

Denise Bergold-Caldwell

Bei dem Anspruch, Raum für Körper und Subjekte zu schaffen, die nicht in die Norm passen, bleibt offen, welche Norm gemeint ist bzw. aus welcher Perspektive Norm vor der queerenden, crippenden, dekolonisierenden Intervention als ausschließend erfahren wird. Ausschließend darum, weil Ausschluss vermutlich die naheliegendste Beschreibung für das ist, was durch Raumschaffen verhindert oder verändert werden soll und kann. Raum kann hier metaphorisch für Intelligibilität, Denk-, Handlungs- oder Möglichkeitsräume stehen oder aber konkrete Räume wie Toiletten, Klassenräume, Arbeitsplätze und viele mehr betreffen (um einige zu nennen, die typischerweise für queer, crip oder von Kolonialisierung negativ Betroffene bzw. Queering, Cripping, Dekolonialisierung anstrebende Menschen problematisch sind).

Nanna Lüth